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Herz aus dem Takt – Elektroschocks helfen

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Etwa 100 000-mal pro Tag schlägt das Herz. Dabei kann es auch mal aus dem Takt kommen. Anders als kleine „Stolperer“ können Herzrhythmus-Störungen lebensbedrohlich sein. Wir sagen, wann es ernst ist, und wie Sie Ihr Herz wieder beruhigen.

 

 

 

Taktgeber des Herzrhythmus ist der Sinusknoten im rechten Vorhof des Herzens, eine Gruppe von spezialisierten Muskelzellen, die elektrische Impulse aufbauen können. Diese werden zum AV-Knoten am Übergang vom Vorhof zur Herzkammer geleitet und von da aus weiter über verschiedene Nervenbahnen zu unter-geordneten Zentren in den Herzkammern.

Auf den Reiz des Sinusknotens hin zieht sich das Herz zusammen und pumpt das Blut in den Kreislauf. Kommt der Takt irrtümlicherweise von einem der untergeordneten Zentren oder hält sich die elektrische Entladung nicht an den vorgesehenen Weg, ist der normale Rhythmus dahin. Abgesehen von dem harmlosen Herzstolpern weisen sämtliche Herzarrhythmien ähnliche Symptome auf: starkes Herzklopfen, Angst, Schweißausbrüche, Schwächegefühl, Atemnot und mitunter auch Bewusstlosigkeit.

Ab 150 Schlägen pro Minute (Tachykardie) kann das Herz nicht mehr so effektiv pumpen und hat auch zu wenig Zeit, sich selbst zu versorgen, weil die Pausen zwischen den Herzschlägen zu kurz werden. Beim Vorhofflimmern oder –flattern ziehen sich der Vorhof und die Kammer unabhängig voneinander und in unterschiedlicher Geschwindigkeit zusammen. Bei einem derart gestörten Pumpvorgang arbeitet das Herz insgesamt kraftlos. Noch gefährlicher ist das Kammerflimmern: Ein elektrisches Gewitter lässt das Herz nur noch so zucken, und zwar mehr als 300-mal pro Minute. Blut wird dann überhaupt nicht mehr weitergepumpt, es kommt zu einem so genannten funktionellen Herzstillstand.

 

Kammerflimmern: Manchmal reicht ein Faustschlag

Beim Kammerflimmern ist der Tod bedrohlich nah, und bei einem Herzstillstand hat er den Fuß schon in der Tür. „Jede Minute ohne Wiederbelebung vermindert die Überlebenschancen um zehn Prozent, schon nach fünf Minuten treten die ersten bleibenden Hirnschäden auf“, sagt der Berliner Kardiologe Willi Heepe.

Um ein Herz bei Flimmern oder bei Stillstand wieder in Takt zu bringen, ist ein elektrischer Impuls von außen erforderlich, den man dem Herz mit einem so genannten automatischen externen Defibrillator (AED) versetzen kann. Diese Geräte sind mittlerweile auf Flughäfen, Hochseeschiffen und in großen Firmen recht häufig zu finden und sind so konzipiert, dass auch medizinische Laien sie einsetzen können. Jeder Schritt der Handhabung – von der Anbringung der Elektroden bis hin zum Elektroschockbefehl – wird schriftlich oder durch Sprachausgabe oder gar durch beides erläutert.

Der AED misst auch, ob das Herz tatsächlich flimmert beziehungsweise still steht, und gibt nur dann den Befehl zum Schocken. Also, keine falsche Scheu! Falls Sie mal Zeuge eines solchen Notfalles werden, denken Sie daran: Sie können nur gewinnen. Ohne Ihre Hilfe stirbt der Betroffene auf jeden Fall – beim Herzstillstand ist er ja sogar bereits klinisch tot. Ist Ihr Einsatz jedoch erfolgreich, sind Sie der Held.

 

Erste Hilfe und Faustschläge

Wenn Sie sicher sein wollen, dass Sie alles richtig machen, können Sie den Fall der Fälle ja in Erste-Hilfe-Kursen trainieren. Ist kein Defibrillator zur Hand, kann auch der präkordiale Faustschlag helfen:

Bei diesem dramatisch aussehenden Manöver, das sogar Ärzten eher selten gelingt, wird ein sehr kräftiger Fausthieb auf dem Brustkorb über dem Herzen angesetzt, und zwar drei Finger höher als die untere Kante des Brustbeins. Auf diese Weise wird das Herz geschockt, damit es dann wieder regelmäßig schlägt.

 

Harmlose Aussetzer

Nicht jeder Herzschlag außerhalb des Grundrhythmus (Herzstolpern) bedeutet Lebensgefahr. Typisch und meistens harmlos sind Aussetzer, die unmittelbar danach mit einem schnelleren Extraschlag (Extrasystole) kompensiert werden. Gleiches gilt fürs Herzrasen. Die Ursache kann zum Beispiel Koffein sein, das nicht nur einen schnelleren Herzschlag bewirkt, sondern darüber hinaus zu Aussetzern führt und die oft darauf folgende Angst verstärkt. Nikotin potenziert diese Wirkung noch, da es direkt stimulierend auf das Herz wirkt, also die Pulsfrequenz erhöht und auf diese Weise Extrasystolen begünstigt.

Harmlos ist auch das erhöhte Pulstempo bei Fieber: Ein Anstieg der Körpertemperatur um ein halbes Grad lässt das Herz 10-mal öfter pro Minute schlagen. Einige Infektionskrankheiten fördern die Extrasystolen direkt, denn Herz und Verdauungssystem werden teilweise durch dieselben Nerven versorgt. Ein stark ausgedehnter Magen irritiert das Herz sogar ohne Umweg über die Nerven. Treten leichte Arrhythmien zusammen mit Aufstoßen, Sodbrennen und Blähungen auf, muss man sich um sein Herz normalerweise keine Sorgen machen.

Um herauszufinden, ob der „Herzklabaster“ harmlos ist, empfiehlt die Deutsche Herzstiftung ein paar Tricks: Entweder schnell ein Glas kaltes Wasser trinken, sich eiskaltes Wasser ins Gesicht spritzen oder die Luft anhalten und dabei die Bauchmuskeln fest anspannen. Dadurch beruhigt sich in der Regel das harmlose Stolpern und Hasten.

 

Diagnose von Herzrhythmusstörungen

Ist die Rhythmusstörung nicht so ausgeprägt, dass sie eine akute Lebensgefahr darstellt, werden zur Abklärung ein Ruhe- und ein Belastungs-EKG und meistens auch ein Langzeit-EKG über 18 bis 24 Stunden angefertigt. Hinzukommen können Labor- und elektrophysiologische Untersuchungen, bei denen Herzrhythmusstörungen künstlich ausgelöst werden, um Art, Entstehungsort und schließlich die Ursache zu bestimmen. In Frage kommen dabei Verkalkungen der Herzkranzgefäße, Herzinfarkt, Herzklappenfehler, andere Herzfehler, Herzmuskelentzündung oder Schilddrüsenüberfunktion als mögliche Ursachen.

 

Therapie von Herzrhythmusstörungen

Liegt die Ursache der Rhythmusstörung im Herzen, gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Medikamente sind in der Regel die erste Therapiemöglichkeit und können viele Rhythmusstörungen beheben. Nur selten lösen sie selber Arrhythmien aus, wie es eine groß angelegte US-Studie (CAST) aufgedeckt hat. Als letzte Möglichkeit bei Vorhofflimmern und anderen schnellen Rhythmusstörungen hilft es, Herzmuskelgewebe, das einem geordneten Takt dazwischenpfuscht, mit Stromschlägen dauerhaft zu zerstören (so genannte Katheterablation).

Bei langsamen Rhythmusstörungen und Aussetzern kann in der Regel ein Schrittmacher als künstlicher Taktgeber eingesetzt werden. Dabei wird ein Gerät etwa von der Größe einer 2-Euro-Münze meistens unter dem Schlüsselbein platziert, von wo ein Draht zum Herzen führt. Schlägt das Herz zu langsam, bekommt es über diesen Draht einen schwachen elektrischen Impuls, den der Patient nicht spürt.

Gegen das lebensbedrohliche Kammerflimmern wird ihm ein AICD (automatischer implantierbarer Cardioverter-Defibrillator) wie ein Schrittmacher eingesetzt. Wenn das Gerät eine gefährliche Rhythmusstörung bemerkt, gibt es einen Elektroschock ab und normalisiert auf diese Weise den Herzschlag wieder. In diesem Falle spürt der Patient den Stromstoß allerdings sehr deutlich. „Der Patient kriegt richtig einen gewischt“, sagt Kardiologe Baumgart. Ist zwar unangenehm, aber lebensrettend.

 

 

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