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© Sinisa Botas - Fotolia.com
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Ballaststoffe schützen vor Entzündungen der Darmschleimhaut

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Erstmals haben Experten eine Leitlinie zur Divertikelkrankheit verfasst, um Therapie und Vorbeugung der Erkrankung zu verbessern und eine Übertherapie zu verhindern. Ihre Empfehlung an alle: möglichst viele Ballaststoffe in Form von Gemüse und Obst zu sich nehmen.

Bei etwa 30 bis 45 Prozent aller Erwachsenen bilden sich Schleimhautausstülpungen in der Darmwand, so genannte Divertikel. Zwar sind Divertikel meist harmlos, aber laut einer neuen Studie muss jeder dritte bis vierte Patient im Verlauf mit Beschwerden rechnen, die zum Teil auch auf Entzündungen zurückzuführen sind. Mittlerweile sind vermehrt auch unter 40-Jährige betroffen.

Viele Divertikel machen sich nicht bemerkbar. „Eine Ansammlung von Divertikeln im Dickdarm wird häufig zufällig bei Darmspiegelungen entdeckt“, erklärt Professor Wolfgang Kruis, Chefarzt Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus Kalk in Köln. „Bei mehr als 60 Prozent der über 70-Jährigen finden wir diese eigentlich harmlosen Formveränderungen der Schleimhaut“.

Schmerzhafte Entzündung

Aber Divertikel können sich auch entzünden, und dann leiden Betroffene neben den Schmerzen unter anderem auch an Blähungen, Durchfall oder Verstopfung und oft auch an Fieber. „Im Blutbild lässt sich die Entzündung nachweisen, zusätzlich ist aber ein Ultraschall und gegebenenfalls eine Computertomographie erforderlich“, erklärt Kruis.

Um teils schwer verlaufende Komplikationen dieser Erkrankung vorzubeugen, raten Experten der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) sowie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) in ihrer neuen Leitlinie „Divertikelkrankheit/Divertikulitis“ unter anderem zu einer ballaststoffreichen Ernährung. DGVS-Leitlinienkoordinator Professor Kruis rät Betroffenen, viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu sich zu nehmen. „Ballaststoffmangel ist der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer Divertikelkrankheit“, so Kruis.

Von „Divertikelkrankheit“ sprechen die Mediziner, wenn in Folge der Divertikel Beschwerden und Komplikationen auftreten. So können etwa einzelne Divertikel vorübergehend bluten. „Wenn die Patienten Blut im Stuhl finden, sollten sie sich unbedingt beim Arzt vorstellen“, sagt Gastroenterologe Kruis. „Häufig kommt die Blutung aber von allein zum Stillstand“. Eine weitere häufige Ursache für Beschwerden ist zudem eine Entzündung, die entsteht, wenn sich in den Darmausstülpungen bakterienhaltiger Stuhl ansammelt. Greift die „Divertikulitis“ in benachbarte Gewebeschichten über, besteht die Gefahr eines Darmdurchbruchs. „Im schlimmsten Fall kann dies zu einer gefährlichen Bauchfellentzündung führen“, warnt Kruis. Bei schweren Entzündungen mit Abszessen, also abgekapselten Eiteransammlungen, empfehlen die Experten eine Antibiotikatherapie und gegebenenfalls eine Operation.

Keine Übertherapie

Ziel der Leitlinien sei es aber auch, eine Übertherapie zu verhindern, betont Professor Ludger Leifeld, Chefarzt der Medizinischen Klinik III am St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim. So raten die Experten bei einer unkompliziert verlaufenden Divertikulitis nur in Ausnahmefällen zur Antibiotikagabe. „Wir empfehlen dies nur bei Patienten mit einem besonderen Risikoprofil, etwa aufgrund einer Immunsuppression“, so Leifeld. Normalerweise stünden die Chancen gut, dass eine leichte Entzündung von alleine ausheilt. Auch bei der Operation einer wiederkehrenden Divertikulitis empfehlen die Experten heute mehr Zurückhaltung. „Früher wurde häufig nach dem zweiten Schub operiert“, erklärt Leifeld. „Wir empfehlen jedoch chirurgische Eingriffe nur nach sehr individueller Prüfung durchzuführen“. Eine ganz wesentliche Errungenschaft der Leitlinie sei zudem die neue Klassifikation des Krankheitsbildes. „Wir sind zuversichtlich, dass dies Klarheit schafft, die Diagnose beschleunigt und damit die Therapie verbessert“, sagt DGVS-Sprecher Professor Christian Trautwein aus Aachen. „Wir hoffen, dass dieses Dokument dazu beiträgt, die Krankheit stärker ins Bewusstsein der Ärzte zu rücken und den Patienten die jeweils richtige Therapie zukommen zu lassen“.

Divertikel-Lexikon

Dickdarm-Divertikel: erworbene Ausstülpungen der Schleimhaut und der darunter liegenden dünnen Bindegewebsschicht durch muskelschwache Lücken der Dickdarmwand

Divertikulose: Vorhandensein von Divertikeln im Dickdarm, ohne dass Symptome auftreten

Divertikelkrankheit: liegt vor, wenn eine Divertikulose zu Symptomen und /oder Komplikationen führt

Divertikulitis: Entzündung der Divertikel und angrenzender Strukturen

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